Christian Ullrich 08. Oktober 2014
Die vorliegende Seminararbeit hat zum Ziel, bekannte Anwendungen zur Auswertung von RFID-Daten zu analysieren und neue zu ermitteln. Die Kombination von RFID-Systemen mit Big Data Analysemethoden bietet Potenzial zur Entwicklung neuer Anwendungen, welche insbesondere Produkte und Prozesse verbessern.
Die Arbeit gliedert sich in drei Teile: Als Grundlage werden klassische Einsatzbereiche von RFID erläutert, insbesondere in der Waren- und Lagerlogistik. Im zweiten Teil werden ausgewählte bekannte Anwendungen zur Auswertung von RFID-Datenströmen vorgestellt. Bei diesen sollen die Daten mittels Data- und Process-Mining ausgewertet werden und so Geschäftsprozesse verbessert werden. Der dritte Teil entwickelt bekannte operative RFID-Anwendungen weiter. Dabei wird analysiert, inwiefern eine Auswertung der Daten zu einer Verbesserung für den Nutzer führen kann.
Zwei grundlegende Erkenntnisse sind festzustellen: Zum einen ist der Themenbereich bislang nur in geringem Umfang erforscht worden. Wissenschaftliche Arbeiten beschränken sich zumeist auf die technische Umsetzung von RFID-Implementierungen. Da eine Auswertung der Daten oftmals mit überschaubarem Aufwand möglich ist, wären weitere Arbeiten zur Analyse von möglichen Anwendungsbereichen hilfreich. Zum anderen zeigt sich, dass RFID-Implementierungen und Big Data Initiativen in den Unternehmen koexistieren. Eine Kombination der beiden Technologien findet noch zu selten statt.
This seminar paper aims to analyze known applications for the analysis of RFID data and to identify new ones. The combination of RFID systems with big data analysis provides the potential for developing new applications, which improve products and processes in particular.
The work is divided into three parts. As a basis, classic environments of RFID are discussed, especially in logistics. In the second part, selected known applications for the analysis of RFID data streams are presented. These are not designed for specific operational improvements. This data is to be analyzed using data mining and process mining, so that business processes can be improved. The third part develops further known operational RFID applications. It analyzes to what extent the evaluation of data can lead to an improvement for the user.
Two basic findings are determined: first, the topic has so far been explored only to a limited extent. Scientific work is mostly confined to the technical realization of RFID implementations. Because an analysis of the data is often possible with reasonable effort, further work on the analysis of possible application areas would be helpful. Secondly, it shows that RFID implementations and Big Data initiatives in the companies co-exist. A combination of the two technologies is still rare.
Der am Morgen klingelnde Wecker bezieht die korrekte Weckzeit aus Vergangenheitswerten. Dabei spielen Ort, Wochentag und der Terminkalender eine wesentliche Rolle. Beim Packen des Koffers weist dieser das Smartphone auf Basis vergangener Reisen auf fehlende Kleidungsstücke hin. Auf dem Weg zum Flughafen wird der Check-In per Smartphone durchgeführt, wobei der Koffer dem Fluggast zugeordnet wird. Am Flughafen angekommen, muss der Koffer dann nur noch auf das Band gestellt werden und die Wartezeit kann mit Shopping verbracht werden. Dabei empfiehlt der Shop nach Analyse der eingepackten Sachen passende Accessoires. Die korrekten Größen werden dem intelligenten Kleiderschrank zu Hause entnommen. Im Flugzeug meldet das Smartphone, dass der Koffer an Board ist und am Ankunftsort führt dieses zum geparkten Mietwagen und öffnet dieses. Auto und Smartphone interagieren so miteinander, dass Staus umfahren werden. Im Hotel ist der Stopp bei der Rezeption nicht notwendig. Alle Informationen sind auf dem Smartphone enthalten, welches zudem als Zimmerschlüssel dient. Auf Basis der vergangenen Einkäufe im Supermarkt wird dem Gast ein passendes Restaurant in der Nähe empfohlen.
Was nach Zukunftsmusik klingt, ist auf dem besten Weg realisiert zu werden. Die Kombination von standortbezogenen Diensten mit der Auswertung von Daten eröffnet vielfache Einsatzmöglichkeiten. Aus Sicht des Endkunden wird dabei insbesondere der Alltag erleichtert. Zu Hause, auf Reisen, beim Shopping - Einsatzfelder existieren zahlreiche. Die Kombination von Informationen aus verschiedenen Quellen mit standortbezogenen Diensten hat zum Ziel, Services auf den Standort des Benutzers anzupassen.
Seit Jahren werden in unterschiedlichen Bereichen Objekte, Waren und Lieferungen zwecks Identifizierung, Verfolgung und Ortung mit elektronischen Bauteilen ausgestattet. Dabei ist Radio Frequency Identification (RFID) einer der am längsten und gleichzeitig häufigsten eingesetzten Technologien. Wenngleich diese dem Konsumenten nicht unbedingt geläufig ist, wird sie insbesondere im industriellen Umfeld vielfach eingesetzt. Dabei werden mittels Radiowellen Objekte identifiziert und lokalisiert. RFID wird in verschiedenen Bereichen eingesetzt, insbesondere in der Produktion und der Logistik. Entscheidender Vorteil dieser Technologie das Auslesen einer hohen Anzahl an RFID-Transpondern ohne Sichtkontakt. Zudem benötigen sie im Gegensatz zu alternativen Technologien nicht zwingend eine eigene Energiequelle. Ihr geringer Einzelpreis lässt einen massenweisen Einsatz zu. Diese Vorteile führten in den letzten Jahren zu einer starken Ausbreitung und einem massenweisen Einsatz in verschiedensten Anwendungsbereichen. Das System besteht grundlegend aus einem Transponder (RFID-Tag) und einem Lesegerät, welches über ein Netzwerk mit IT-Systemen verbunden ist. (Günther 2014, 1)
RFID-Systeme müssen in die bestehende Hard- und Softwarearchitektur des Unternehmens eingebunden werden. Dies ist häufig der komplexere Teil der Einführung. Die Systeme sind in der Regel keine integrierten Lösungen, welche nur gekauft und angepasst werden müssen, ähnlich eines ERP-Systems. Vielmehr sind, insbesondere in größeren Umgebungen, zahlreiche Komponenten, insbesondere bei den Softwareschnittstellen, maßgeschneidert. (Thiesse 2005, 101-113)
Die RFID-Technologie besitzt dennoch besondere Vorteile. Zum einen ermöglicht eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme verschiedener Anbieter einen breitgefächerten Einsatz. Zum anderen befinden sich RFID-Systeme seit Jahren im praktischen Einsatz bei zahlreichen Unternehmen. Erfahrungen sind demnach vielfach vorhanden. Unterschiedliche Anbieter ermöglichen durch das Angebot einzelner Komponenten bis hin zu vollständigen Systemlösungen vielfältige Möglichkeiten der Nutzung.
Nicht nur um die eingangs gezeigten Anwendungen zu realisieren, wird ein zweiter Technologietrend die nächsten Jahre bestimmend sein. Der Begriff Big Data subsumiert dabei die Analyse großer Datenmengen mit dem Ziel der Erkenntnisgewinnung. Es sei angemerkt, dass der Begriff in letzter Zeit sehr breit verwendet wird und oftmals die wissenschaftliche Definition von der alltäglichen Nutzung abweicht. Der Begriff ist verwandt mit den Themen Business-Intelligence, Business-Analytics, Data-Analytics und Data-Mining. (Plattner 2014, 1f)
Oftmals fallen die Daten bei der Nutzung operativer IT-Systeme nebenläufig an. Somit liegt die Herausforderung in der weiteren Verwendung zu Analysezwecken und damit Nutzbarmachung dieser. Dabei kann insbesondere die Verknüpfung unterschiedlicher Datenquellen zu neuen Erkenntnissen führen. Vor dem Beginn von Big Data Initiativen muss jedoch das Potenzial der Daten erkannt und Ziele der Auswertung definiert werden. Die Rohdaten helfen dem Unternehmen an sich nur wenig weiter, vielmehr müssen diese aggregiert und in einen Zusammenhang gesetzt werden.
Bei der Nutzung von RFID fallen große Mengen an Daten an. Dies ist grundlegend erst mal nur die Kennung des Transponders, des Empfängers und der Uhrzeit. Erst mit der Verknüpfung mit weiteren Informationen wird der Einsatzzweck erfüllt. Häufigste Anwendungen sind die Identifizierung und Lokalisierung von Objekten (Menschen, Tiere und Gegenstände). RFID-Systeme dienen einem expliziten, bei Einführung definiertem, Einsatzzweck, wobei die Wirtschaftlichkeit anhand vorher bestimmter Leistungskennzahlen gemessen wird. Beispiele dafür sind die schnellere Erfassung von Paletten mit Waren in der Logistik, dem Schutz vor Diebstahl von Waren oder der schnellere Kassiervorgang im Einzelhandel.
Neben der vorher definierten Nutzung zur operativen Verbesserung von Prozessen ermöglichen RFID-Daten jedoch auch die ergebnisoffene Auswertung mit der Zielsetzung der Verbesserung der Prozesse, der Sichtbarmachung von Schwierigkeiten oder bestimmten Mustern im Verhalten von Personen und Organisationen. Dieses Potenzial der Nutzung wird oftmals nicht genutzt. Die Schwierigkeit der Zielsetzung, der Messung von Ergebnissen und die damit oftmals ergebnisoffene Investition in Technologie schreckt häufig ab.